Neue Energieeinsparverordnung

Das Bundeskabinett hat am 24. August eine Energieeinsparverordnung beschlossen, nach der für Unternehmen ab dem 1. September eine Reihe neuer Vorschriften gelten. Besonders öffentliche Unternehmen, die Energie-, Immobilien-, Tourismuswirtschaft und der Handel müssen nun kurzfristig eine Reihe von Maßnahmen umsetzen.

Die "Verordnung zur Sicherung der Energieversorgung über kurzfristig wirksame Maßnahmen" (Kurzfristenergieversorgungssicherungsmaßnahmenverordnung – EnSikuMaV) gilt ab dem 1. September 2022 für sechs Monate.

Die wichtigsten Vorschriften im Überblick:

Der Einzelhandel muss Ladentüren und Eingangssysteme, bei deren Öffnung ein Verlust von Heizwärme auftritt, geschlossen halten. Ausnahmen gelten, sofern das Offenhalten nicht für die Funktion des Ein- oder Ausganges als Fluchtweg erforderlich ist.

Werbeanlagen dürfen in der Zeit zwischen 22 und 16 Uhr nicht beleuchtet werden. Ausnahmen gelten aus Gründen der Verkehrssicherheit oder zur Abwehr anderer Gefahren, wenn dies kurzfristig nicht durch andere Maßnahmen ersetzt werden kann. Die Verordnung nennt als Beispiele Anlagen "an Fahrgastunterständen oder Wartehallen, Haltepunkten und Bahnunterführungen, die aus Gründen der Betriebssicherheit und öffentlichen Ordnung wie Straßenbeleuchtung zu behandeln sind" sowie Beleuchtung an Tankstellen und von Nebenbetrieben an den Bundesautobahnen.

In öffentlichen Nichtwohngebäuden gelten eine Reihe von Vorschriften. Öffentliche Gebäude sind definiert als "im Eigentum oder in der Nutzung einer juristischen Person des öffentlichen Rechts". Dazu gehört auch ein Unternehmen, das "öffentliche Aufgaben der Daseinsvorsorge erbringt und unter der finanziellen oder politischen Kontrolle von einer Gebietskörperschaft steht." Zu den wichtigsten Vorschriften gehören:   

  • Gemeinschaftsflächen, die nicht dem Aufenthalt von Personen dienen, dürfen nicht beheizt werden. Ausnahmen gelten für sensible Einrichtungen (beispielsweise Schulen, medizinische oder Pflegeeinrichtungen). Auch aus technischen Gründen kann ein Abweichen zulässig sein.
  • In Arbeitsräumen darf die Lufttemperatur zudem – je nach Art und Schwere der Arbeit – Temperaturen von 12 bis 19 Grad nicht übersteigen. Das ist durchschnittlich 1 Grad weniger als die Mindesttemperatur, die in der Arbeitsschutzrichtline für Raumtemperaturen vorgesehen ist.
  • Dezentrale Trinkwassererwärmungsanlagen (Durchlauferhitzer oder Boiler) müssen ausgeschaltet werden, wenn deren Betrieb überwiegend zum Händewaschen vorgesehen ist.
    Bei zentralen Trinkwassererwärmungsanlagen muss die Temperatur auf das Maß reduziert werden, "das nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik erforderlich ist, um ein Gesundheitsrisiko durch Legionellen im Wasser zu vermeiden." Nach der Empfehlung des Umweltbundesamtes liegt diese Temperatur bei Anlagen mit mehr als 400 Litern zwischen 55 bis 60 Grad. Ausnahmen gelten für Anlagen, bei denen der "Betrieb von Duschen zu den gewöhnlichen betrieblichen Abläufen gehört.

In Arbeitsräumen in Arbeitsstätten (außerhalb der öffentlichen Nichtwohngebäude) gelten die oben genannten Maximaltemperaturen als Mindesttemperaturen. Unternehmen können also von den Vorgaben der Arbeitsschutzrichtlinie im Durchschnitt um 1 Grad nach unten abweichen, müssen dies jedoch nicht. An Büroarbeitsplätzen sind also auch 19 statt wie bisher 20 Grad zulässig.

Für Gas- und Wärmelieferanten gelten eine Reihe von Informationspflichten, wenn sie Eigentümer von Wohngebäuden oder Nutzer von Wohneinheiten leitungsgebunden mit Gas oder Wärme beliefern. Sie müssen ihren Kunden unter anderem den Energieverbrauch und die Energiekosten der vorangegangenen und künftigen Abrechnungsperiode mitteilen, aber auch das rechnerische Einsparpotenzial des Gebäudes bei Absenkung der Durchschnittstemperatur um 1 Grad.

  • Eigentümer von Wohngebäuden mit weniger als zehn Wohneinheiten haben diese Informationen der Lieferanten unverzüglich an die Nutzer weiterzuleiten. 
  • Eigentümer von Wohngebäuden mit mindestens zehn Wohneinheiten müssen den Nutzern diese Informationen bis zum 31. Oktober 2022 mitteilen, ergänzt um spezifische Angaben zu der jeweiligen Wohneinheit. Erhalten sie vom Energielieferanten nur allgemeine Informationen, etwa für das Gesamtgebäude, müssen sie auf Grundlage typischer Verbräuche bis zum 31. Januar 2023 eine individualisierte Mitteilung erstellen. Sie sind zudem verpflichtet, Kontaktinformationen und eine Internetadresse einer Verbraucherorganisation, einer Energieagentur oder sonstigen Einrichtung mitzuteilen beziehungsweise auf die Kampagne "80 Millionen gemeinsam für Energiewechsel" (www.energiewechsel.de) mit entsprechenden Tipps hinzuweisen.

Fragen und Antworten zum Thema

WAS SIND WERBEANLAGEN?

Der Begriff Werbeanlagen ist in den Bauordnungen der Länder spezifiziert. Nach der Bauordnung vieler Länder sind dies "ortsfeste Einrichtungen, die der Ankündigung oder Anpreisung oder als Hinweis auf Gewerbe oder Beruf dienen und vom öffentlichen Verkehrsraum aus sichtbar sind. Hierzu zählen insbesondere Schilder, Beschriftungen, Bemalungen, Lichtwerbungen, Schaukästen sowie für Zettelanschläge und Bogenanschläge oder Lichtwerbung bestimmte Säulen, Tafeln und Flächen." Schaufenster gehören beispielsweise nicht dazu.

MUSS AUCH DIE BELEUCHTUNG VON WERBEANLAGEN AUF ODER AN GESCHÄFTEN, HOTELS ODER ANDEREN EINRICHTUNGEN AUSGESTELLT WERDEN, WENN DIESE NOCH GEÖFFNET SIND?

Ja. Das Beleuchtungsverbot von Werbeanlagen in der Zeit von 22:00 bis 16:00 Uhr gilt unabhängig der jeweiligen Öffnungszeiten. Geschäfte und Hotels, die sich jedoch in dunklen Bereichen befinden, dürfen auch weiterhin ihre Werbeanlagen beleuchten, wenn dadurch ein Beitrag zur öffentlichen Sicherheit erfolgt. Das Beispiel der zulässigen Beleuchtung der Autobahntankstelle samt Nebenbetrieben deutet auch darauf hin, dass die Ausnahme vom Beleuchtungsverbot für Werbeanalagen aus Gründen der Gefahrenabwehr weit auszulegen ist, wenn die Beleuchtung nicht kurzfristig durch andere Lösungen ersetzt werden kann.

SIND AUFGRUND DES BELEUCHTUNGSVERBOTS WEIHNACHTSMÄRKTE EINGESCHRÄNKT?

Nein. Volksfeste und Weihnachtsmärkte sind nicht betroffen. Im Gegenteil erlaubt die Verordnung im Rahmen von Volksfesten und Weihnachtsmärkten kurzfristig auch die Außenbeleuchtung von Gebäuden und Denkmälern.

MÜSSEN LADENTÜREN VON GESCHÄFTEN IN EINKAUFSZENTREN, DIE NUR ZUM INNENBEREICH GEÖFFNET SIND, GESCHLOSSEN WERDEN?

Die Verordnung bestimmt den Begriff Ladentür nicht näher. Vieles spricht jedoch dafür, dass die Außentüren der Einkaufszentren ins Freie gemeint sind und nicht der Eingangsbereich einzelner Läden in Einkaufszentren. Entscheidend ist, ob bei der Öffnung ein großer Verlust von Heizwärme auftritt.

WELCHE MINDESTTEMPERATUREN MÜSSEN UNTERNEHMEN BEACHTEN?

In Arbeitsräumen darf die Lufttemperatur – je nach Art und Schwere der Arbeit – Temperaturen von 12 bis 19 Grad nicht unterschreiten. Unternehmen können damit freiwillig um durchschnittlich 1 Grad weniger als die aktuelle Arbeitsschutzrichtline für Raumtemperaturen (ASR 3.5) vorsieht, ihre Arbeitsräume rechtssicher beheizen.

WELCHE STRAFEN DROHEN, WENN UNTERNEHMEN GEGEN DIE VORSCHRIFTEN DER VERORDNUNG VERSTOSSEN?

Nach dem Energiesicherungsgesetz könnten Bußgelder bis zu 100.000 Euro verhängt werden, für beharrliches Zuwiderhandeln sind sogar bis zu zwei Jahre Freiheitsstrafe möglich. Für den Vollzug sind die Länder verantwortlich. Die Landesbehörden entscheiden im Einzelfall.