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Es kann so einfach sein
ALURIT GMBH
Nur rund die Hälfte der Familienunternehmen werden heute noch familienintern übergeben. Das klassische Modell birgt oft Probleme. Für Harald und Simon Knape hat es sehr gut funktioniert – weil sie wichtige Grundsätze beachtet haben.
Für Harald Knape war immer klar: Mein Sohn wird einmal meine Firma Alurit übernehmen. Den kleinen Betrieb in Troisdorf, den er selbst gegründet und aufgebaut hatte. Ein erfolgreiches Unternehmen, das Fensterbänke und andere Profile vor allem aus Aluminium verkauft und nach Kundenwunsch selbst auf Maß fertigt. So hundertprozentig sicher war sich Simon Knape selbst in dieser Frage gar nicht, auch wenn die Nachfolge immer eine Option war. Als der entsprechende Anruf seines Vaters kam, war er gerade erst 28 Jahre alt und steckte nach dem Maschinenbau-Studium in Aachen mitten in seiner Promotion. Die Doktorarbeit einfach abbrechen? In eine Branche wechseln, die mit Maschinenbau allenfalls am Rande zu tun hat?
Klarer Schnitt vereinbart
Die Entscheidung für die Übernahme des väterlichen Betriebs fiel dann doch relativ schnell. Ein Grund dafür war, dass Simon Knape bereits gemerkt hatte: „Ich wollte für mich selbst verantwortlich sein. Ich war schon oft mit Ideen vorgeprescht, weil ich dachte, da kann man noch mehr machen, und wurde immer wieder ausgebremst. So wollte ich nicht mein Leben verbringen.“ Damit aber waren längst nicht alle Voraussetzungen erfüllt. Neben den finanziellen und rechtlichen Themen stellte sich vor allem die Frage, wie der Übergang organisiert werden sollte. Bald stand fest, dass die Übernahme komplett und mit einem klaren Schnitt erfolgen würde. Der Vater behält langfristig keine offizielle Funktion und keine Firmenanteile.
Übergang durch Unfall erschwert
Zur Vereinbarung gehörte, dass Knape senior noch ein halbes Jahr lang Geschäftsführer bleiben und danach nur noch als Berater zur Verfügung stehen sollte. Als Mentor, dessen Meinung erbeten werden konnte, aber nicht angenommen werden musste. Das sollte auf beiden Seiten ganz klar sein. „Und das haben wir auch gut durchgehalten“, sagt Simon Knape heute: „Natürlich war mein Vater nicht immer mit allem glücklich, und meine Entscheidungen waren sicher auch nicht immer richtig, aber es galt eben: Wenn ich die Firma übernehme, dann übernehme ich die Firma.“ Aus der geschmeidigen Übergangsphase von sechs Monaten wurde nichts, weil ein Unfall dazwischenkam, in dem eine Kreissäge und eine Hand gewisse Rollen spielten. Die Hand des Vaters ist heute wieder weitgehend heil, aber der Unfall schränkte seine Einsatzfähigkeit über Monate stark ein. Das Wasser, in das Simon Knape sprang, war noch ein bisschen kälter als erwartet. Hinzu kam, dass praktisch gleichzeitig der Umzug der Firma in eine größere Halle anstand.
Arbeitstage von fast 20 Stunden
Ein ganz wichtiger Vorteil war indes: Die Mitarbeiter vertrauten dem neuen Chef und blieben. Trotzdem war die Anfangsphase „eine Herausforderung“, sagt Knape. „Ich hatte Tage, da bin ich morgens um sieben in die Firma gekommen und nachts um zwei wieder gegangen.“ Als er einmal noch nach Mitternacht Angebote für Kunden schrieb, wurde ihm endgültig klar: „Wenn das so weitergeht, werde ich verrückt. Für ein einziges Angebot brauchte er 20 bis 30 Minuten. Heute sind es unter zwei Minuten, nachdem das Programm für die Ressourcenplanung erneuert und alle Softwaresysteme miteinander vernetzt wurden. Aber für die Entlastung des Inhabers war auch wichtig, Verantwortung abzugeben. „Die Firma war früher ganz auf meinen Vater ausgerichtet. Wir haben jetzt viele Abläufe so standardisiert, dass ich mich kaum noch ins Tagesgeschäft einschalten muss“, berichtet Knape. Nur noch bei Großprojekten wird der Chef beispielsweise in die Angebotsgestaltung einbezogen.
Die Entwicklung des Unternehmens ist stabil, auch dank des schon unter seinem Vater gestarteten Onlineshops. Nachdem Alurit zunächst vor allem Handwerker beliefert hatte, bestellen auf diesem Wege inzwischen auch viele Privatkunden für das eigene Haus. Das Onlinegeschäft macht heute schon rund die Hälfte des Firmenumsatzes aus.
Jungunternehmer im fortgeschrittenen Alter
Es sind viele Veränderungen, die der Nachfolger umsetzen konnte, weil Harald Knape seinem Sohn dafür die notwendigen Freiheiten ließ. Wohl auch, weil er sich noch gut erinnern konnte, wie herausfordernd der Start als Firmenchef ist. Schließlich hatte er selbst Alurit erst zwölf Jahre zuvor gegründet.
Der gelernte Wirtschaftsingenieur hatte lange Zeit in großen Unternehmen wie Mercedes gearbeitet, zuletzt als Vertriebstrainer bei einem Mobilfunkanbieter. Als seine Abteilung dort nach und nach aufgelöst wurde und auch sein Job wegfiel, war Knape schon Mitte fünfzig. Damals dachte er selbst über die Übernahme eines bestehenden Unternehmens nach und informierte sich dazu vor allem in der Nachfolgebörse nexxt-change, die unter anderem von der DIHK getragen wird. Zwei Firmen kamen in Frage, letztlich kam aber kein Abschluss zustande, und Knape dachte sich: „Das kann ich auch selber.“
Der Senior zieht den Hut
Der Jungunternehmer im fortgeschrittenen Alter hatte zwar ein paar Berührungspunkte mit dem Thema Gebäudedämmung, aber ohne allzu große Erfahrung in der Baubranche baute er schließlich ab 2007 die Firma Alurit auf. Wie sich zeigen sollte, eine kluge Entscheidung. Als seine Frau mit 63 Jahren in Rente gehen wollte, war er selbst schon 68. Reisen, die Welt sehen, mit dem E-Bike die Heimat erkunden, das war ab diesem Zeitpunkt der Plan, und der ging auf. Aber nicht nur deshalb ist Harald Knape heute „froh und zufrieden“, wie er erzählt. Mit Blick auf Alurit sagt er: „Hut ab, wie Simon die Firma in wenigen Jahren weiterentwickelt hat, zum Beispiel im Hinblick auf die Digitalisierung, das hätte ich nicht geschafft. Ich freue mich, dass die Übergabe so gut geklappt hat und alle Mitarbeiter geblieben sind.“ Es sind übrigens heute mit 15 Beschäftigten dreimal so viele Mitarbeiter wie damals.
Von Werner Grosch, freier Journalist, Sankt Augustin