Kreislaufwirtschaft

Ressourcen schonen, Rohstoffe sparen, Material recyclen

KreislaufwirtschaftUm den Klimazielen gerecht zu werden, müssen der Verbrauch von Rohstoffen und die Belastung der Umwelt dauerhaft reduziert werden. Um dieses Ziel zu erreichen, soll sich die Wirtschaft zur „Circular Economy“, zur Kreislaufwirtschaft wandeln. Wir zeigen an Beispielen, wie es läuft und worauf es ankommt.

In Japan ist Weltausstellung. Mit ihrem Motto „Designing Future Society for Our Lives“ steht die „Expo 2025“ in Osaka im Zeichen der Nachhaltigkeit. Über 160 Länder und internationale Organisationen präsentieren ihre Ideen und Vorschläge für die Zukunft. Der deutsche Beitrag rückt das Thema Kreislaufwirtschaft in den Mittelpunkt.

Kreislaufwirtschaftsstandort Bonn/Rhein-Sieg

Auch in Bonn und dem Rhein-Sieg-Kreis müssen sich die Betriebe mit den Anforderungen einer „Circular Economy“ auseinandersetzen. Sie haben keine Wahl, denn die Europäische Union soll bis 2050 klimaneutral werden. Ein wesentlicher Baustein dafür ist der vor fünf Jahren verabschiedete „Action Plan Circular Economy“ (Aktionsplan Kreislaufwirtschaft). Ziel: Im Wirtschaftskreislauf sollen so weit wie möglich regenerative oder recycelte Rohstoffe eingesetzt werden. Produkte sollen langlebig sein, einfacher zu reparieren und sich recyceln lassen. 

Modell der KreislaufwirtschaftDabei müssen sie so material- und energieeffizient wie möglich hergestellt werden. Recyceltes Material soll wieder in den Stoffkreislauf fließen, sodass weniger Restabfälle anfallen. Schon jetzt müssen Unternehmen zahlreiche Regelungen beachten. Viele sind ohnehin motiviert, Ressourcen und Energie zu sparen, denn das ist nicht nur ökologisch, sondern auch ökonomisch geboten. Und so begreifen viele Betriebe die Transformation zum zirkulären Wirtschaften als Chance, wie die DIHK-Umfrage „Kreislaufwirtschaft als Chance?“ von Juni 2024 zeigt.

Nachhaltigkeit fängt beim Rohstoff an

Jahrzehntelang folgten Wirtschaft und Gesellschaft im Wesentlichen dem Prinzip „Rohstoffe nehmen – Produkte herstellen – Produkte nutzen – Produkte entsorgen“. Das Modell der Circular Economy setzt dagegen, wie der Name schon sagt, auf einen Kreislauf statt einer linearen Abfolge und nimmt die gesamte Wertschöpfungskette in den Blick: Es beginnt damit, schon bei der Produktion möglichst regenerative oder recycelte Rohstoffe sowie erneuerbare Energien zu verwenden. 

Zudem sollen Produkte so designt werden, dass weniger neue Rohstoffe eingesetzt werden. So können sie lange genutzt, leichter wiederverwertet und schließlich sortenrein recycelt werden. Die creapaper GmbH hat sich diesen Prinzipien verschrieben. Und zwar nicht nur für sich selbst, sondern alle Kunden profitieren von den Innovationen des Hennefer Unternehmens.

Semiramis Wall, Nachhaltigkeitsmanagerin bei creapaperSemiramis Wall, Nachhaltigkeitsmanagerin bei creapaper„Nachhaltigkeit fängt beim Rohstoff an“, sagt Semiramis Wall, Nachhaltigkeitsmanagerin bei creapaper. Firmengründer Uwe D‘Agnone hatte vor Jahren herausgefunden, dass sich Gras sehr gut für die Papierherstellung eignet. Der Vorteil: Der Rohstoff stammt von Dauergrünlandflächen, die nicht gedüngt werden. Zwei oder drei Mal pro Jahr erfolgen Pflegeschnitte – und creapaper verarbeitet das Gras, das wegen seines niedrigen Nährstoffgehalts nicht als Futtermittel taugt, zu Pellets. 

Die rein mechanische und ohne chemische Additive erfolgende Verarbeitung verbessert auch die CO2-Bilanz. Gemischt mit Holzzellstoff oder Altpapier lassen sich unterschiedlichste Papierqualitäten herstellen – von grafischen Papieren über Taschentücher und Faltschachteln bis zu recycel- und kompostierbaren Kartonagen. 

„Das ist angewandte Kreislaufwirtschaft“, betont Wall. Nach einem erfolgreichen Pilotprojekt setzt creapaper neuerdings auf einen weiteren Rohstoff: Paludi, eine Biomasse aus Nasswiesengräsern wiedervernässter Moore. Bis 2027 will der Versandhändler OTTO, der an dem Pilotprojekt beteiligt war, nur noch Versandkartons herstellen und nutzen, die einen maximal möglichen Anteil an Paludi-Biomasse enthalten.

Material einsparen beim Produktdesign

Koll-Werk in BonnKoll-Werk in BonnBei der KOLL GmbH & Co. KG aus Bonn setzt man schon lange auf Rohstoffoptimierung und Anpassungen beim Produktdesign. Das 1961 vom Großvater des jetzigen Geschäftsführers gegründete Unternehmen stellt hochwertige Steinprodukte für die Gestaltung von privaten und gewerblichen Freiflächen her. 

Pflastersteine zum Beispiel. Bei den Produkten von Koll handelt es sich um Betonsteine. Sie bestehen im Wesentlichen aus Sand, Kies und Basalt in unterschiedlichen Körnungen und Mischungsgraden – und aus Wasser und Zement. Zement genießt in ökologischer Hinsicht keinen guten Ruf – bei der Herstellung fallen große Mengen an CO2-Emissionen an. Auch deshalb setzt Koll auf Materialeffizienz. 

Geschäftsführer Helge KollGeschäftsführer Helge KollZudem bezieht das Unternehmen Sand und Gestein aus der Region, mit einem maximalen Radius von 50 Kilometern, um Transportwege einzusparen. Viele Jahre lang, erzählt Geschäftsführer Helge Koll, waren acht Zentimeter Tiefe ein typisches Maß, damit die verlegten Pflastersteine, beispielsweise in einer Einfahrt, genügend Druck- und Zugkräfte aushalten. 

Dank systematischer Weiterentwicklung ist man bei Koll inzwischen bei sechs Zentimetern angekommen – bei gleichen Materialeigenschaften. „25 Prozent weniger Material, das ist eine enorme Rohstoffeinsparung“, sagt Koll. Auch bei Terrassenplatten hat das Unternehmen die Rezepturen weiterentwickelt. 

Ergebnis: Die Dicke lässt sich von fünf oder sechs auf zwei Zentimeter reduzieren – ohne Qualitätseinbußen. Schon beim Produktdesign achtet man bei Koll auf die Recyclingfähigkeit. „Wir lassen alle Zusätze, wie etwa Kunststoffversiegelungen, weg“, erklärt Koll, „damit die Steine, wenn sie eines Tages ersetzt werden sollen, problemlos gebrochen und daraus neue Steine hergestellt werden können.“ Das reduziert die Menge der verwendeten Rohstoffe.

Weniger Stahl, weniger Emissionen

Felix und Peter Kuhne Felix und Peter Kuhne (v.l.)Auch bei der KUHNE Group aus Sankt Augustin, nach eigenen Angaben einer der führenden europäischen Anbieter von Anlagen zur Folien- und Plattenherstellung aus Kunststoff, setzt man auf Materialoptimierung. Das Unternehmen konzipiert und fertigt unter anderem große Anlagen, die im Einzelfall bis zu 40 Meter hoch sein können. Geliefert wird in alle Welt. 

Der dabei nötige Stahlverbrauch wurde jedoch im Laufe der Zeit reduziert, unter anderem durch die Verwendung hohler Träger „Wir haben die Geometrie im Laufe der Jahre so optimieren können, dass sich die nötige Stabilität mit deutlich geringerem Materialeinsatz gewährleisten lässt“, erklärt Gesellschafter und Prokurist Felix Kuhne. Die Anlagen wiegen dadurch weniger und verursachen bei ihrem Transport per Container auf Straße, Flüssen und Weltmeeren weniger Emissionen. Und der gesunkene Materialverbrauch schont Rohstoffe und spart Kosten. 

Kurzzeitprodukte wiederverwerten

Die Beispiele zeigen: Das Modell der Kreislaufwirtschaft nimmt die gesamte Wertschöpfungskette in den Blick. Sie reicht vom Produktdesign über die Rohstoffe sowie die bei Produktion und Vertrieb eingesetzte Energie bis zur Nutzungsdauer sowie der Möglichkeit einer Wiederverwertung. 

Allerdings sind viele Produkte auf kurze Verwendung ausgelegt, Versand- und Lebensmittelverpackungen etwa. Oder auch Messestände. Messen sind aktuelle Leistungsschauen. Unternehmen präsentieren ihre jüngsten Produkte und Dienstleistungen und werben um neue Kunden und Geschäftspartner. Dabei wollen sie nicht immer denselben Messestand verwenden, sondern neue Akzente setzen.

Geschaeftsfuehrer Holger SchwanGeschäftsführer Holger SchwanDie Projektservice Schwan GmbH aus Meckenheim ist vor allem im Messebau und in der Werbetechnik aktiv. „In dieser Branche ist Nachhaltigkeit ein schwieriges Thema, denn Messen sind per se auf Kurzzeitigkeit ausgelegt“, sagt Geschäftsführer Holger Schwan. Viel Material, das nur für kurze Zeit benötigt wird, viele Lkw-Fahrten, viel Ressourcenverbrauch. 

Auch Schwan kann das nicht so einfach ändern. Doch das Unternehmen ist bestrebt, immer nachhaltiger zu werden. Aus den verwendeten Aluminiumprofilen entstehen beispielsweise Leuchtkästen, wobei stets ein paar Details anders aussehen als vorher. Verwendetes Holz wird in einem neuen Messestand an Stellen verbaut, wo es nicht sichtbar ist. Aus ehemaligen Holz-Standwänden werden Ablagebretter im Lagerraum eines anderen Messestandes – oder sie kommen bei der Unterkonstruktion des Bodens zum Einsatz. 

Auch Teppichfliesen erleben mehr als einen Einsatz. „Inzwischen gelingt es uns, rund 80 Prozent der für einen Messestand eingesetzten Materialien nach der erstmaligen Nutzung weiterzuverwenden“, sagt Schwan.

Entsorgen, aber differenziert

Irgendwann endet die Nutzungsdauer eines Produkts. Die Entsorgung steht an – und damit die sogenannte Abfallhierarchie. Sie wird durch eine auf dem Kopf stehende „Abfallpyramide“ symbolisiert: Vorrang hat die Vermeidung, gefolgt von der Wiederverwendung. Danach folgt das Recycling und anschließend die restliche Verwertung, zum Beispiel durch Verbrennung oder energetische Nutzung. Ganz zum Schluss, in der Spitze, kommt die Beseitigung. 

Eine Pyramide steht nicht auf dem Firmengelände der Kuhne Group. Aber eine ganze Reihe von Containern für jegliche Art von verwendeten, nicht mehr benötigten Materialien. Container für Bleche und Stahl, Kabel oder Elektroschrott. Das alles holt ein Entsorgungsunternehmen ab, die Materialien werden weiter sortiert, eventuell gereinigt und dann recycelt. 

Ein Container bleibt für weiteren Abfall. „Das ist der Container für Restmüll“, erzählt Unternehmer Felix Kuhne, „davon haben wir auffällig wenig.“ Das ist ganz im Sinne der Circular Economy: Die Menge des Restabfalls soll auf ein möglichst niedriges Maß sinken. Was wie zu entsorgen ist, dafür gibt es zahlreiche Regelungen, etwa die Gewerbeabfallverordnung (dazu auch Titel Extra)

Vorstand Sven SadewasserVorstand Sven SadewasserFirmen, die Fragen zur Entsorgung haben, können sich beispielsweise an die Gewerbeabfallberatung des kommunalen Entsorgers bonnorange wenden. Das Angebot ist kostenfrei, neutral und unabhängig von finanziellen Interessen. „Wir sind davon überzeugt, dass unsere Beratung den Unternehmen dabei helfen kann, ihren Beitrag für eine Kreislaufwirtschaft zu optimieren und somit ihre Wettbewerbsfähigkeit zu stärken“, sagt Vorstand Sven Sadewasser

RSAG-Kompostieranlage in Sankt AugustinRSAG-Kompostieranlage in Sankt Augustinbonnorange ist vorrangig als Abfalllogistiker aktiv und unterhält keine eigenen Entsorgungsanlagen. Das ist bei der RSAG, dem kommunalen Entsorger des Rhein-Sieg-Kreises anders. Das Unternehmen betreibt in Bonn eine Papiersortieranlage, in Troisdorf eine Sperrmüllverwertung sowie in Sankt Augustin eine Vergärungs- und Kompostieranlage für Bioabfälle. Das dort erzeugte Biogas wird ins lokale Gasnetz eingespeist, der gütezertifizierte Kompost wird direkt vermarktet, aber auch an die Landwirtschaft verkauft. Im Rahmen des Abfallzweckverbands Rheinische Entsorgungs-Kooperation arbeiten bonnorange und RSAG zusammen, so dass beispielsweise auch Papier- oder Biomüll aus Bonn in RSAG-Anlagen verwertet werden können.

RSAG-Vorstand Michael DreschmannRSAG-Vorstand Michael Dreschmann„In der Papiersortieranlage in Bonn wird das eingesammelte Papier in verschiedene Qualitäten getrennt. Vor allem Zeitungen, Illustrierte und Büropapiere können erneut verwendet werden, etwa wieder für Zeitungen, oder sie gehen an die Hygieneindustrie“, erklärt RSAG-Vorstand Michael Dreschmann. Auch für Pappe gibt es Abnehmer, daraus werden erneut Kartonagen hergestellt. 

Beim Sperrmüll ist es ähnlich, auch hier können werthaltige Materialien, vor allem Metalle, recycelt werden. Entsprechende Verwerter holen die Reststoffe regelmäßig ab. Für ihre Abfälle – Restmüll ausgenommen – können Gewerbebetriebe in Bonn und im Rhein-Sieg-Kreis auch private Entsorgungsunternehmen beauftragen. 

Zum Beispiel die Hündgen Entsorgungs GmbH & Co. KG mit Hauptsitz in Swisttal-Ollheim und Dependance in Bonn-Beuel. Auf Basis eines individuellen Vertrags holt Hündgen dann regelmäßig den Müll beim jeweiligen Unternehmen ab und bringt ihn nach Swisttal. Das reicht von Verpackungsmaterialien bis zu Bau- und Abbauabfällen, etwa Hölzer, Gips, Steine, Rohre und Fenster. Auch gefährliche Abfälle nimmt das Unternehmen an. 

Sortieranlage der Huendgen Entsorgungs GmbH & Co. KG Sortieranlage der Hündgen Entsorgungs GmbH & Co. KG Pro Jahr sammelt Hündgen rund 200.000 Tonnen Müll ein. Herzstück auf dem Firmengelände an der Swist ist eine riesige Sortieranlage. Hier werden Leichtverpackungsabfälle aus dem Gelben Sack und der Gelben Tonne von rund drei Millionen Haushalten sortiert. Und nicht nur das: Hündgen recycelt die gewonnen „Fraktionen“ – so heißen die verwertbaren Bestandteile des Mülls – auch selbst. 

Das Unternehmen stellt daraus Kunststoffgranulate her. Die gehen dann an Industrieabnehmer, die daraus 100-prozentige Recyclingprodukte herstellen oder aber bei der sonstigen Produktion einen Teil der Primärrohstoffe durch Rezyklate aus Swisttal ersetzen. So werden dann beispielsweise aus Joghurtbechern Blumentöpfe, Eimer oder Fußböden. Der Kreislauf beginnt von Neuem.

Von Lothar Schmitz, freier Journalist, Bonn