Energiewende praktisch

Viele Wege führen zum Ziel

Landkarte des IHK-Bezirks mit SteckerGrüne Energie aus der Steckdose? So einfach ist es meist nicht. Jedes Unternehmen kann jedoch prüfen, ob bei der eigenen Energieversorgung nicht noch Potenzial besteht. So lassen sich Anlagen zukunftssicher ausbauen oder auch Energie effizienter einsetzen. Das schont die Umwelt und den eigenen Geldbeutel. Auch wenn vieles im Umbruch ist: Inspiration statt Resignation heißt das Motto!

Politisch aufgeladener als der Umgang mit der Energiewende ist wohl gerade kaum ein Thema. Netzentgelte? Werden noch verhandelt. Speicher? Müssen gebaut werden. Energiepreise? Sind viel zu hoch. Zukünftige Energieversorgung? Gleicht einem Blick in die Glaskugel. 

Nachhaltige Wellness

Trotzdem ist nun genau der richtige Zeitpunkt für Unternehmen, sich mit der eigenen Energieversorgung zu beschäftigen. Weil Ignorieren echtes Geld kostet. Und die Weichen für die Zukunft jetzt gestellt werden. Vor ziemlich genau 15 Jahren hat sich Frank Rösgen auf den Weg gemacht, seinen Saunapark Siebengebirge energieeffizient aufzustellen. Denn eine Saunalandschaft – hier mit angegliedertem Freibad und großem Außenbereich – braucht viel Energie. Hohe Energiekosten schlagen sofort negativ zu Buche. 

Saunapark SiebengebirgeSaunapark SiebengebirgeRund 30 Prozent machen diese Kosten in der Gesamtbilanz aus. Das ist für Rösgen nicht der einzige Antrieb: „Wir möchten unseren Saunapark so nachhaltig wie möglich betreiben. Klimaschutz ist uns und auch unseren Kundinnen und Kunden ein echtes Anliegen“, sagt der Geschäftsführer. Gemeinsam mit seiner Schwester Ute Faßbender betreibt er das Unternehmen in zweiter Generation. Die Modernisierung der Sauna aus den siebziger Jahren betraf dabei nicht nur die Optik, sondern auch die energetischen Anlagen. Mit einem eigenen Blockheizkraftwerk produziert Rösgen 50 Prozent der Energie selbst. 

Beim Einkauf achtet er auf regenerative Energie. Die Pumpen für die Saunen und Schwimmbecken wurden energetisch optimiert. „Ein weiterer wichtiger Schritt war die Digitalisierung des gesamten Gebäudemanagements“, erzählt Rösgen. Der Luftverbrauch wird gemessen, die Anzahl der Besucherinnen und Besucher hat direkten Einfluss auf die Klimatisierung der Räume. Damit nicht genug: Als nächsten Schritt baut Roesgen eine Photovoltaik-Anlage auf dem Dach der Anlage, die rund zwei Drittel des benötigten Stroms im Sommer liefern soll. 

Die Inhaber: (v.l.) Frank Rösgen, Mutter Margret Rösgen und Schwester Ute FaßbenderDie Inhaber: (v.l.) Frank Rösgen, Mutter Margret Rösgen und Schwester Ute FaßbenderMit einem Wasserspeicher mit elektrischer Nachbeheizung und einem optimierten Heizsystem im nächsten Jahr wird der Strom auch für Wärme nutzbar sein. Seine Kundinnen und Kunden wissen das Engagement zu schätzen, die rund 80 Mitarbeitenden ebenfalls. Roesgen beobachtet insgesamt ein verändertes Verhalten: „Wasser sparen, keine unnötige Energie verschwenden, Türen schließen – all das ist mittlerweile selbstverständlich.“ 

Kopfzerbrechen macht ihm allerdings die Politik: „Es fehlt aus meiner Sicht am Weitblick. Wir brauchen verlässliche Strompreise. Bei unserem Bedarf sind wir an der Börse, die Kalkulation ist unglaublich schwierig geworden. Sehr viele Faktoren spielen bei den aktuellen Strompreisen hinein.“ 

Neben diesem unternehmerischen Risiko hat Roesgen auch wenig Verständnis für langwierige Verfahren. „Es ist nicht förderlich, wenn wir auf die Genehmigung für eine Photovoltaik-Anlage anderthalb Jahre warten müssen, diese dann aber nur ein halbes Jahr gültig ist.“ Für ihn gibt es keine Alternative zum nachhaltigen Umbau der Energieversorgung. Mehr Unterstützung durch Politik und Verwaltung würde dies einfacher gestalten. 

Für Armin Heider, in der IHK Bonn/Rhein-Sieg unter anderem zuständig für den Bereich Energie, ist der Saunapark Siebengebirge kein Einzelfall. „Wir erleben immer wieder, dass Unternehmen hier mit Herausforderungen zu kämpfen haben: Wo kann ich Energie am sinnvollsten beziehen? Wie stelle ich mich zukunftssicher auf und mit welchen bürokratischen Hürden muss ich rechnen?“ All diese Fragen bewegen besonders kleine und mittlere Unternehmen, weiß er aus der Beratungspraxis. 

Für alles gerüstet 

Frank Euteneuer, Geschäftsführer Metternich Haustechnik GmbHFrank Euteneuer, Geschäftsführer Metternich Haustechnik GmbHFrank Euteneuer, Geschäftsführer der Metternich Haustechnik GmbH aus Windeck, befasst sich bereits seit den 1990er-Jahren mit Wärmepumpen, Lüftungs- und Solarthermie-Anlagen. „Ökologie und Wirtschaftlichkeit stehen nicht im Widerspruch“, sagt er. Dies sei bei den allermeisten Betrieben auch längst angekommen. Jetzt komme es darauf an, die unterschiedlichen Energiequellen und Speicher bestmöglich zu managen. Dabei müsse genau geschaut werden, wie das Unternehmen arbeitet und welche Anforderungen bestehen. 

„Viel mehr als früher müssen wir heute verstehen, wo und wann genau Energie als Strom oder Prozesswärme eingesetzt wird, wie die Prozesse im Betrieb funktionieren,“ sagt er. Gemeinsam mit einem Partnerunternehmen aus dem Anlagenbau könne er maßgeschneiderte Lösungen liefern. Entscheidend seien dabei die Schnittstellen zwischen den Energiequellen. Spezialisiert hat sich Metternich Haustechnik besonders auf die Verbindungen zwischen Wärmepumpen und Energiespeichern. 

Grafik EisspeicherEisspeicher (© Metternich Haustechnik)Eisspeicher ermöglichen beispielsweise Heizen und Kühlen genau dann, wenn es für den Betrieb am effizientesten ist. „Diese Technologie ist sehr wirtschaftlich. Wärme und Kälte kann abgerufen werden, wenn sie gebraucht wird oder die Preise gerade hoch sind“, erklärt er. Metternich Haustechnik versucht wie andere Unternehmen möglichst zukunftssichere Lösungen für die Betriebe am Standort zu schaffen. Aber ohne Unterstützung der Politik sieht auch Euteneuer seine Möglichkeiten beschränkt: „Die Energiekosten müssen runter, dann geht es wirtschaftlich auch wieder voran“, ist er überzeugt. „Entscheidend sind die EU-Beschlüsse und die Nachweispflichten für Unternehmen.“ Auch wenn der Ausbau von Photovoltaik und Windenergie wieder etwas mehr Fahrt aufgenommen habe, gäbe es in Deutschland noch viel Luft nach oben bei der Transformation.

„Teil des Problems und Teil der Lösung“

Mitten im Transformationsprozess befindet sich die Knauber Unternehmensgruppe aus Bonn. „Wir sind Teil des Problems und gleichzeitig Teil der Lösung,“ berichtet der Geschäftsführer des Tochterunternehmens Knauber Mineralöl, Holger Laugisch. Als Energiehändler und Betreiber von Tankstellen und Waschanlagen schien man auf ein auslaufendes Geschäftsmodell zu setzen. 

Holger Laugisch, Geschäftsführer von Knauber MineralölJedoch hat sich das Familienunternehmen in vierter Generation schon häufig komplett neu aufgestellt und den veränderten Marktbedingungen angepasst. Flexibilität gehört hier zur Unternehmens-DNA. Deshalb trifft die Energiewende das Unternehmen nicht unerwartet. „Bereits seit 2011 befassen wir uns intensiv mit dem Thema Nachhaltigkeit“, sagt Laugisch. „Wir entwickeln uns immer weiter in Richtung eines regenerativen Unternehmens. Unserer Überzeugung nach ist es weniger entscheidend, wann wir hundertprozentig fertig sind, sondern es ist viel wichtiger, dass wir uns auf den Weg der Transformation begeben haben.“ 

Die eigene Liegenschaft an der Endenicher Straße wird einer kompletten energetischen Sanierung unterzogen, dazu kommen Photovoltaik-Anlagen und Lademöglichkeiten im Parkhaus. Da viele Kunden allerdings noch ältere Anlagen betrieben, würde sich Knauber parallel zu den Anforderungen der Kunden weiterentwickeln und Lösungen bieten, die den regulatorischen Vorgaben entsprechen und darüber hinaus gehen. Alternativangebote und Übergangslösungen gehören dazu. Folgerichtig gehört der Kraftstoff HVO 100, der aus recyceltem Pflanzenöl besteht, zum Portfolio, ebenso wie Biomethan, Bio-LNG und die Einrichtung virtueller Kraftwerke, um den PVStrom für Knauber-Kunden gesammelt zu vermarkten.

Aktuell beschäftigt sich das Unternehmen mit dem Einstieg in den Wasserstoffhandel. Projektleiter Ruben Heidenreich und sein Team möchten bereits vor Netzverfügbarkeiten zum Hochlauf beitragen und Lösungen für Kunden anbieten. „Unternehmen brauchen stabile Rahmenbedingungen, um umzurüsten,“ sagt Heidenreich. „Alleine der Bau einer H2- Tankstelle kostet mehrere Millionen Euro, dafür muss das Investitionsklima ein ganz anderes sein als zurzeit.“    - 

Zurzeit konzentriert sich Knauber auf Mobilitätslösungen mit dem Fokus auf den Öffentlichen Personennahverkehr. „Die Notwendigkeit ergibt sich vor allem daraus, dass die Clean Vehicle Directive vorschreibt, dass ein gewisser Prozentsatz neu angeschaffter Fahrzeuge emissionsfrei sein muss. Für bestimmte Anwendungsfälle, wie bei langen Strecken, ländlicher oder hügeliger Topografie, langen Umläufen oder hohem Energiebedarf für Heizung und Klimaanlage, bleibt häufig nur Wasserstoff, um die Flotten CO2-neutral zu betreiben“, so Heidenreich. 

Wasserstoff habe hier viele Vorteile: Er hat sowohl eine höhere Reichweite als auch eine kürzere Betankungszeit gegenüber der Ladezeit von Batterien und können zudem auch kleineren Mengen angeliefert werden. „Wasserstoff ist transportabel, wir können in Trailern liefern und sind damit unabhängig von der Fertigstellung der großen Netze“, so Heidenreich. „Es wird bei den erneuerbaren Energien auch zukünftig kein ‚Entweder-Oder‘ geben“, ist Holger Laugisch überzeugt. „Der Energiemix wird die Zukunft der Wirtschaft bestimmen, und dies gelingt nur in einem globalen Markt“.

Step by Step zur Energieeffizienz

Ein Symbol der Globalisierung ist der Flughafen Köln/Bonn. Hier, wo Kerosin den Flug- und Frachtbetrieb der Region am Laufen hält, ist der Umbau der Energieversorgung im vollen Gang. In den letzten Jahren hat der Airport viele Millionen Euro in die Energieinfrastruktur investiert, um den Verbrauch zu reduzieren und unabhängiger von fossilen Energieträgern zu werden.

Das Ziel: Die Energie-Infrastruktur fit für die Zukunft zu machen. Dabei setzt der Flughafen neben dem Ausbau der Photovoltaik-Anlagen auch auf die Erzeugung von Wärme und Kälte mit der Eisspeichertechnik. In Kombination mit PV-Systemen und Wärmepumpen erweist sich dieses System hier als besonders effizient. 

(v.l.) Solaranlage am Konrad Adenauer Airport, der Vorsitzende der Flughafen-Geschäftsführung Thilo Schmid, Visualisierung Holzheizwerk(v.l.) Solaranlage am Konrad Adenauer Airport, der Vorsitzende der Flughafen-Geschäftsführung Thilo Schmid, Visualisierung HolzheizwerkEin noch im Bau befindliches Holzheizwerk soll klimaschonende Wärme mit regenerativem Brennstoff erzeugen. Diese Anlage soll die CO2-Emissionen jährlich um 2700 Tonnen senken. Der nachwachsende Brennstoff fällt bei der Grünpflege teilweise auf dem Flughafengelände an, der fehlende Rest wird lokal zugeliefert. Bei der Fertigstellung 2026 soll die Anlage eine Wärmeleistung von 2,5 Megawatt erreichen. 

Der Vorsitzende der Geschäftsführung des Flughafen Köln/Bonn GmbH, Thilo Schmid, freut sich über den Ausbau: „Wir sind stolz darauf, mit dem Bau des innovativen Holzheizwerks einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten und die nachhaltige Entwicklung unseres Flughafens voranzutreiben. Die Nutzung erneuerbarer Rohstoffe wie Holz sichert nicht nur eine stabile Energiequelle, sondern reduziert auch unsere Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen und trägt zur Verringerung der CO2-Emissionen bei.“ 

Weiterhin hat das Unternehmen in ein Umspannwerk investiert: Der Köln Bonn Airport erhält in diesem Sommer einen eigenen Anschluss an das 110 Kilovolt (kV)-Hochspannungsnetz, der eine dreifach höhere Energiezulieferung als über den bisherigen Mittelspannungsanschluss ermöglicht. Der Strom wird im eigenen Umspannwerk umgewandelt und verteilt. 

„Mit dem Umspannwerk schafft der Flughafen eine wichtige technische Voraussetzung, um die Versorgung mit regenerativer Energie immer weiter voranzutreiben“, sagt Thilo Schmid. „Die leistungsstarke Anlage unterstützt unseren Ausbau der E-Mobilität. So können wir den Anteil erneuerbarer Energie künftig noch weiter steigern.“ Das nachhaltige Mobilitätskonzept des Flughafens wurde 2022 aufgelegt und zielt auf einen flächendeckenden, zeitnahen Ausbau der E-Ladeinfrastruktur und eine optimale Vernetzung verschiedener Verkehrsträger. 

Effiziente Gebäude sind ein weiterer wichtiger Bestandteil der Nachhaltigkeitsstrategie am Standort. Für Neubaumaßnahmen wurde eigens ein Leitfaden zum nachhaltigen Bauen entwickelt. Bei Bestandsgebäuden setzt der Flughafen auf technische Innovationen, wie effiziente Gebäudetechnik und die konsequente Umrüstung auf modernste LED-Technik.

Viele Schritte für ein großes Ziel

Viele Unternehmen in der Region haben sich auf den Weg gemacht, die Energiewende umzusetzen. „Was fehlt, sind klare Vorgaben, verlässliche Perspektiven und wettbewerbsgerechte Strompreise“, sagt IHK-Referent Kevin Ehmke. Mit dem Ausbau der nötigen Infrastruktur wird der nachhaltige Umbau der Wirtschaft weiter Fahrt aufnehmen, denn in einem Punkt sind sich die meisten Unternehmen einig: Zurückdrehen lässt sich die Energiewende nicht.

Von Dr. Susanne Hartmann, freie Journalistin, Köln