9 Punkte für eine starke Wirtschaft in Bonn/Rhein-Sieg

Positionspapier der IHK zur kommunalen Wirtschaftspolitik

Nach der Kommunalwahl werden in der Region die Weichen für die nächsten Jahre gestellt. Aus Sicht der regionalen Wirtschaft gibt es viel zu tun. Mit ihren neun Punkten für eine starke Wirtschaft in Bonn/Rhein-Sieg zeigt die IHK die größten Baustellen auf. Zugleich bietet die Übersicht Oberbürgermeister(-in), Landrat oder Landrätin und den gewählten Verordneten und Räten Orientierung für eine Wirtschaftspolitik, die Unternehmen vor Ort und die regionale Wirtschaft insgesamt stärkt. 

 

1. Regionales Verkehrskonzept muss Einzelmaßnahmen ablösen

Die Verkehrssituation in der Region ist für viele Unternehmen und Pendler sehr belastend. 

Unsere Erwartungen:

  • Die Stadt Bonn und der Rhein-Sieg-Kreis sollten ein übergeordnetes Verkehrskonzept erarbeiten, das den Rahmen für die Entwicklung aller Mobilitätsformen in Bonn und im umliegenden Kreis definiert. 

  • Wichtiger Bestandteil ist dabei die Festlegung von Hauptrouten für ALLE Verkehrsmittel, die dann vorrangig ausgebaut werden. 

  • Der motorisierte Individualverkehr darf nicht unverhältnismäßig benachteiligt werden, denn er ist für viele Unternehmen essenziell und nicht verlagerbar.

2. Gewerbe und Industrie müssen sich entfalten können

Die Region Bonn/Rhein-Sieg ist eine Wachstumsregion mit entsprechendem Bedarf an Gewerbe- und Industrieflächen. Diese werden vor allem benötigt, um bereits ansässige Unternehmen bei notwendigen Standorterweiterungen zumindest in der Region zu halten. Keine Kommune kann die Problematik der Gewerbeflächenverfügbarkeit alleine lösen. 

Unsere Erwartungen:

  • Bonn und die Kommunen im Rhein-Sieg-Kreis sollten noch stärker als bisher interkommunale Gewerbegebiete entwickeln. 

  • Bebauungspläne sollten aktuell gehalten werden, sodass auch Betriebserweiterungen und Neuansiedlungen zügig umgesetzt und Genehmigungsverfahren verkürzt werden können.

  • Energieversorgung und Wärmeplanung sollten vorangetrieben und zukunftssicher aufgestellt werden.

3. Wohnraum schaffen

Wohnraum entsteht, wenn sich Investitionen in die Errichtung entsprechender Immobilien lohnen. Staatliche Eingriffe und Vorgaben bezüglich des Mietzinses wirken auf Investitionen kontraproduktiv und sollten daher unterbleiben. 

Unsere Erwartungen:

  • Aufgabe der Kommunen ist es, Baulandflächen in ausreichendem Maß zur Verfügung zu stellen. Soweit notwendig, muss dies auch in interkommunaler Abstimmung erfolgen. 

  • Bauleitplan- und Baugenehmigungsverfahren müssen so zügig wie möglich durchgeführt werden. Eine Digitalisierung des gesamten Vorgangs und der ämterübergreifenden Zusammenarbeit könnte weitere Effizienzreserven heben.

  • Die Rahmenbedingungen für die Schaffung von Werkswohnungen für Azubis und Arbeitskräfte müssen verbessert werden.

4. Innenstädte entwickeln und Einzelhandel stärken

Viele Menschen tun sich aktuell schwer damit, bequem und schnell in die Innenstädte und Einzelhandelszentren zu gelangen. Beim Besuch der Innenstadt legen Besucherinnen und Besucher großen Wert auf weitere Standortfaktoren, wie Sicherheit und Sauberkeit, Erholungsflächen und Stadtgrün sowie Sitzgelegenheiten, Spielflächen und Toilettenanlagen.

Unsere Erwartungen:

  • Ein multimodales Verkehrssystem und die Möglichkeit zur Auswahl zwischen verschiedenen Verkehrsmitteln sollte das Ziel sein. 

  • Sicherheit und Sauberkeit müssen erhöht und die Aufenthaltsqualität gefördert werden. 

5. Die Region als Vorreiterin für wirtschaftsfreundliche und bürokratiearme Verwaltung etablieren

Die staatlich verursachte Bürokratie belastet die Unternehmen und schadet der Wettbewerbsfähigkeit. 

Unsere Erwartungen:

  • Die bisherigen Konzepte zum Bürokratieabbau müssen überdacht werden, da sie keine hinreichend entlastende Wirkung bei Unternehmen erreicht haben.

  • Genehmigungs- und Antragsverfahren sollten wirtschaftsfreundlicher gestaltet und vor allem beschleunigt werden. 

  • Die Zweckentfremdungssatzung, die Beherbergungssteuer und die Verpackungssteuer sollten abgeschafft oder besser erst gar nicht eingeführt werden.

6. Haushalte konsolidieren und Steuern senken

Die Städte und Gemeinden sind weiterhin kaum in der Lage, einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen. Die hohe Verschuldung belastet die Kommunen und schränkt ihre Handlungsfähigkeit ein. Hohe Realsteuerhebesätze verteuern den Standort. 

Unsere Erwartungen:

  • Es müssen deutliche Anstrengungen unternommen werden, die Verschuldung zurückzufahren. 

  • Ein weiteres Drehen an der Steuerschraube schadet den Unternehmen und damit mittelfristig auch den Kommunen. 

  • Die Umsetzung der Grundsteuerreform erfolgte in NRW mit hohem bürokratischem Aufwand für die Steuerpflichtigen. Die Möglichkeit der Einführung von gesplitteten Hebesätzen darf nicht zu einer Sondersteuer für Unternehmen mit zusätzlichen Belastungen führen. 

  • Um ihre Aufgaben zu erfüllen, müssen die Kommunen auch die Ausgabenseite in den Blick nehmen. Dabei kommt es auf eine kontinuierliche Aufgabenkritik an. 

7. Regionale Zusammenarbeit wieder intensivieren

Viele Aufgaben und Probleme unserer Region lassen sich nicht mehr im Alleingang lösen.

Unsere Erwartungen:

  • Die Stadt Bonn und der Rhein-Sieg-Kreis müssen die Verkehrsprobleme gemeinsam angehen und gegenüber Land und Bund geschlossen auftreten.

  • Gemeinsame Gewerbeflächen müssen endlich ausgebaut werden, Regelungen für die Verteilung der Steuereinnahmen und Kosten müssen vereinfacht oder standardisiert werden. 

  • Die gemeinsame touristische Vermarktung der Region sollte verbessert werden, um mehr Touristen in die Region zu ziehen.

  • Die Zusatzvereinbarung zum Berlin/Bonn-Gesetz muss kommen und die darin aufgeführten Projekte müssen finanziert und zeitnah umgesetzt werden.

 

8. Transfer von den Hochschulen in die Wirtschaft

Die Region verfügt über eine ausgezeichnete Hochschullandschaft. Der Transfer aus der Wissenschaft in die Wirtschaft könnte aber noch ausgebaut werden.

Unserer Erwartungen:

  • Die Kommunen sollten mit den Akteuren aus Wirtschaft und Wissenschaft stärker zusammenarbeiten und den Transfer erleichtern.

  • Für Ausgründungen und Kooperationen sollten entsprechende Räumlichkeiten und Laborflächen zur Verfügung gestellt werden.

9. Fachkräfte und Bildung

Demografie und Fachkräftemangel bremsen die Wirtschaft aus.

Unsere Erwartungen:

  • Sanierungsstau in den Schulen auflösen.

  • Integration von Menschen mit ausländischer Herkunft oder mit Beeinträchtigungen ausbauen.

  • Willkommenskultur schaffen, Auskunftsfähigkeit der Ausländerämter gegenüber Unternehmen sicherstellen, Bescheinigung von Aufenthaltstiteln beschleunigen.

  • Betreuungsangebot für Kinder und Pflegebedürftige bedarfsgerecht anbieten um mehr Menschen eine Arbeitsaufnahme in Vollzeit zu ermöglichen.