6x Nachgefragt bei ...

... Marion Halfmann

Foto: Manor Lux

Die Vernetzung mit der Wirtschaft wurde bei Gründung der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg vor 30 Jahren bereits eingeplant. Wie hat sich das bis heute entwickelt?

Sehr gut, die Zusammenarbeit mit der Wirtschaft ist für beide Seiten sehr fruchtbar. Nach dem Wegzug der Bundesregierung hat die Hochschule den regionalen Strukturwandel positiv beeinflusst: Sie ist Partnerin der Wirtschaft in Innovationsprojekten, übernimmt Forschungsaufträge und vernetzt Studierende und Unternehmen. Die Verbundenheit mit der Wirtschaft kommt auch in unserem jährlichen Unternehmenstag zum Ausdruck, der sich mit rund 150 teilnehmenden Unternehmen und knapp 4000 Besuchern im letzten Jahr zu einer der größten Karrieremessen der Region entwickelt hat. Zudem bringt unser Zentrum für Wissenschafts- und Technologietransfer ständig Kooperationsinteressierte mit den passenden Stellen an der Hochschule zusammen.

Die Arbeit mit KI-gestützten Systemen ist in vielen Unternehmen Alltag. Wie könnten Unternehmen von den Erfahrungen der Hochschule auf diesem Gebiet profitieren?

Zum Beispiel durch unsere praxisorientierte Forschung. An der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg wird speziell zum Einsatz von Künstlicher Intelligenz in Unternehmen, unter anderem zu KI-basierten Geschäftsmodellen und menschzentrierter Entwicklung KI-basierter Systeme geforscht. Wenn es also zum Beispiel darum geht, Chatbots zu entwickeln oder durch Künstliche Intelligenz Verwaltungsabläufe zu verbessern, können unsere Experten helfen.

Die H-BRS ist Mitglied des „Cyber Security Clusters Bonn“ und bietet den Studiengang „Cyber Security & Privacy“ an. Wie groß ist das Interesse der Studierenden an diesem Thema?

Der Bachelor-Studiengang „Cyber Security & Privacy“ ging 2021 als Teil des Cyber Campus NRW, einer Kooperation mit der Hochschule Niederrhein, an den Start. Das Interesse war von Beginn an groß, jährlich nehmen wir etwa 100 neue Studierende auf. Inzwischen haben wir auch einen Master-Studiengang „Cyber Security & Privacy“ aufgesetzt, der ebenfalls gut nachgefragt ist.

Viele Hochschulabsolventinnen und -absolventen sind in der Region geblieben, manche haben selbst ein Unternehmen gegründet. Auf welchen Feldern sehen Sie Chancen für künftige Start-ups?

Mit Blick auf die regionale Branchenstruktur und die aktuellen Bedarfe sehe ich Digitalisierungsthemen vorne. Die Hochschule ist Gesellschafterin im Digital Hub Bonn, wir erhoffen uns Gründungen in diese Richtung. Auch Umwelt- und Klimaschutz ist ein Thema für Start-ups. Eine neuere Ausgründung der Hochschule ist zum Beispiel Drofotech (https://www.drofotech.com), die Drohnen und KI einsetzen, um Wälder wieder aufzuforsten. Generell sehe ich aufgrund der geopolitischen Lage großes Potenzial für Ausgründungen aus unserem zentralen Forschungsbereich der Sicherheitsforschung.

Welche Erwartungen haben die Studierenden an das Berufsleben? Worauf sollten sich Unternehmen einstellen?

Es gibt unzählige Antworten auf die Frage, wie die „Generation Z“ tickt. Demnach haben die jungen Menschen weniger Interesse an Führungspositionen, bevorzugen eine Tätigkeit mit gesellschaftlicher Relevanz und fordern flexible Arbeitszeiten sowie eine gute digitale Ausstattung ein. Im Durchschnitt mag das stimmen, aber in der Praxis stelle ich fest, dass die Unterschiede groß sind. Insgesamt denke ich, dass die Studierenden heute sehr viel selbstbewusster auf den Arbeitsmarkt gehen als beispielsweise meine Generation nach dem Studium, denn die meisten haben schon gelernt, dass ihre Arbeitskraft gebraucht wird. Homeoffice, Familienfreundlichkeit und flexible Arbeitszeiten sind selbstverständlich für alle und ein autokratischer Führungsstil würde wohl heute von wenigen Berufseinsteigerinnen und -einsteigern akzeptiert.

Ihr Freizeittipp für die Region?

Auch wenn ich noch wenig Zeit hatte, Bonn und den Rhein-Sieg-Kreis zu erkunden: Ein Spaziergang in den Rheinauen ist immer eine gute Empfehlung.