Verjährungsfristen zum Jahresende

Mit dem Jahresende werden viele Ansprüche verjähren. Das bedeutet, dass der Schuldner dann seine Leistung aufgrund der eingetretenen Verjährung verweigern kann. Der Gläubiger kann seinen Anspruch nicht mehr durchsetzen, obwohl dieser rechtlich eigentlich besteht. Eine Prüfung, ob noch offene Rechnungen, Schadensersatzforderungen oder sonstige Ansprüche bestehen und ob diesbezüglich gewisse Handlungen erforderlich sind, ist daher sehr wichtig und muss bis zum 31.12.2025 erfolgen.  

Regelverjährung von drei Jahren  

Die meisten zivilrechtlichen Ansprüche verjähren innerhalb von drei Jahren (§§ 195, 199 BGB). Diese Verjährungsfrist gilt grundsätzlich immer, wenn es hierfür keine spezielle Vorschrift mit einer abweichenden Verjährungsfrist gibt.  

Die Regelverjährungsfrist beginnt in der Regel mit dem Schluss des Jahres, in dem  

  • der Anspruch entstanden ist und  
  • der Gläubiger von den Tatsachen, die den Anspruch entstehen lassen und von der Person des Schuldners Kenntnis erlangt hat oder Kenntnis hätte erlangen müssen.  

Als Beispiel: Es liegt ein Kaufvertrag vor. Als Datum für die Kaufpreiszahlung ist der 30.05.2022 vorgesehen. Der Anspruch ist entstanden und fällig, der Gläubiger weiß zu diesem Zeitpunkt davon und kennt auch seinen Schuldner. Die Verjährungsfrist beginnt dann mit Ende des Jahres 2022 (mit Ablauf des 31.12.2022) und endet nach drei Jahren, also mit Ablauf des 31.12.2025. Wird der Anspruch erst am 01.01.2026 geltend gemacht, kann der Schuldner die Zahlung aufgrund der Einrede der Verjährung verweigern.  

Sonderverjährungsfristen  

Nicht für alle Ansprüche gilt die dreijährige Verjährungsfrist. Für viele Fälle sind Sonderregelungen vorgesehen, die eine kürzere oder auch längere Verjährungsfrist vorsehen.  

Zu den praxisrelevanten Sonderregelungen gehören insbesondere die Vorschriften zu den kauf- und werkvertragsrechtlichen Gewährleistungsrechten:  

  • Beim Kauf von beweglichen Sachen verjähren die Gewährleistungsrechte gemäß § 438 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BGB bereits nach zwei Jahren ab Ablieferung der Sache  
  • Beim Kauf eines Bauwerks oder eines Baustoffs, der zum Mangel am Bauwerk führt, gilt gemäß § 438 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 BGB eine Verjährungsfrist von fünf Jahren ab Ablieferung der Sache
  • Entsprechend gilt dies gemäß § 634a Abs. 1 und 2 BGB für Mängelansprüche aus einem Werkvertrag.  

Es ist daher zunächst zu prüfen, aus welchem Grund eine Forderung besteht und ob es für diesen Fall eine Sonderregelung gibt.  

Höchstfristen

Mit Höchstfristen ist die sogenannte absolute Verjährungsfrist gemeint. Diese Frist ist kenntnisunabhängig. Das bedeutet, dass ein Anspruch nach der bestimmten Zeit selbst dann verjährt und nicht mehr geltend gemacht werden kann, wenn der Gläubiger keine Kenntnis von der Anspruchsentstehung oder von dem Schuldner hatte. Es gilt Folgendes:  

  • Schadensersatzansprüche, die aus der Verletzung von Leben, Körper, Gesundheit oder Freiheit resultieren, verjähren nach 30 Jahren, gerechnet ab der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen Ereignis, das zum Schaden geführt hat (§ 199 Abs. 2 BGB)  
  • Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren in der Regel nach 10 Jahren ab Entstehung des Anspruchs oder höchstens nach 30 Jahren ab dem schadensauslösenden Ereignis (§ 199 Abs. 3 BGB). Hierbei ist jedoch die früher endende Frist maßgeblich.  
  • Für andere Ansprüche gilt in der Regel eine zehnjährige absolute Verjährungsfrist.  

Hemmung der Verjährung  

Die Verjährung kann jedoch gehemmt werden. Hierfür ist nicht notwendigerweise eine Klage erforderlich. Das Gesetz sieht verschiedene Möglichkeiten vor, die Verjährungsfrist für eine gewisse Zeit „still zu legen“. Kommt es zu einer Hemmung, verlängert sich die Verjährungsfrist um genau diese Zeit.  

Die wichtigsten Fälle der Verjährungshemmung sind Verhandlungen der Parteien (§ 203 BGB) und die Rechtsverfolgung (§ 204 BGB).  

Eine Hemmung nach § 203 BGB setzt voraus, dass die Parteien über den Anspruch oder den Anspruch begründenden Umstände verhandeln. Notwendig ist dabei, dass über die Forderung oder die Mängel ernsthaft diskutiert wird. Es reicht somit nicht aus, dass auf den Anspruch schlicht hingewiesen wird und darauf eine neutrale oder abweisende Antwort folgt. Sehr wichtig ist, diese Verhandlungen zu dokumentieren. Insbesondere durch eine schriftliche Dokumentation können die Verhandlungen leicht nachgewiesen werden. Haben Verhandlungen stattgefunden und ist die Hemmung für diese Zeit eingetreten, kommt es zu der Verjährung nicht vor Ablauf von drei Monaten nach Ende der Verhandlungen.  

Wer „auf Nummer sicher gehen“ möchte, kann sich zur Verjährungshemmung für die Rechtsverfolgung entscheiden. Nach § 204 BGB wird die Verjährung unter anderem durch Klageerhebung oder die Zustellung des Mahnbescheides gehemmt. Die Hemmung endet dann in der Regel sechs Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung des Gerichtes. Dieser Weg wird oft als der sichere Weg angesehen, da die Anforderungen an die Verhandlungen nicht geprüft werden müssen und die Problematik des Nachweises der Hemmung entfällt.  

Neubeginn der Verjährung

In bestimmten Situationen kann die Verjährungsfrist von vorne anfangen. Das ist der Fall, wenn  

  • der Schuldner den Anspruch anerkennt oder  
  • wenn gerichtliche oder behördliche Vollstreckungsmaßnahmen eingeleitet oder beantragt werden, wenn sie nicht später aufgehoben werden.  

Besonders relevant ist der Verjährungsneubeginn bei Nacherfüllungsansprüchen. Durch die Beseitigung eines Mangels werden die Mängelansprüche grundsätzlich anerkannt und die Verjährungsfrist beginnt neu. Zu beachten sind jedoch die Sonderregelungen für Kaufverträge mit Verbrauchern: In diesen Fällen ist eine Ablaufhemmung von zwei Monaten nach der Nacherfüllung vorgesehen, damit der Verbraucher die nötige Zeit hat, die Sache darauf zu überprüfen, ob der Mangel tatsächlich behoben wurde.  

Praxistipps zum Jahresende  

Es ist nun an der Zeit, die möglicherweise bestehenden Ansprüchen zu prüfen. Schauen Sie nach, ob noch offene Forderungen bestehen, die am 31.12.2025 verjähren werden. Ist dies der Fall, muss über die Möglichkeiten der Verjährungshemmung nachgedacht werden. Aufgrund der Kurzfristigkeit empfiehlt es sich, den Weg der Rechtsverfolgung zu wählen, da nicht sichergestellt werden kann, dass der Schuldner noch vor Ablauf des Jahres in die Verhandlungen treten wird.  

Tabelle mit den wichtigsten Verjährungsfristen  

Nachstehend finden Sie eine Tabelle mit den praxisrelevantesten Verjährungsfristen: 

Anspruch 

Norm 

Verjährungsfrist 

Verjährungsbeginn 

Regelmäßige Verjährung, z.B. Kaufpreisforderung, Werklohnforderung 

§ 195 BGB 

Drei Jahre 

Mit Ende des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist  
Rechtskräftig festgestellte Forderungen  

§§ 197 Abs. 1 Nr. 3, 201 BGB 

30 Jahre 

Mit Rechtskraft  
Schadensersatzansprüche wegen Verletzung von Leben, Körper usw.  

§ 199 Abs. 3 BGB 

30 Jahre 

Begehung der Handlung oder Schadensereignis  
Gewährleistungsansprüche aus Kaufvertrag 
Allgemein und bewegliche Sachen 

§ 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB 

2 Jahre 

Übergabe  
Bauwerk und Baustoff 

§ 438 Abs. 1 Nr. 2 BGB 

5 Jahre 

Ablieferung  
Verbraucherkaufvertrag 

§ 475e Abs. 3 BGB 

2 Jahre + ggf. 4 Monate 

Käufer hat ab Kenntnis des Mangels 4 Monate Zeit, den Anspruch geltend zu machen 
Arglistiges Verschweigen eines Mangels 

§ 438 Abs. 3 BGB 

Mindestens 3 Jahre 

Jahresschluss  
Gewährleistungsansprüche aus dem Werkvertrag
Allgemein 

§§ 634a Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 i.V.m. 195, 199 BGB 

3 Jahre 

Jahresschluss 
Herstellung von Bauwerken 

§ 634a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 BGB 

5 Jahre 

Abnahme des Werkes 
Werksarbeiten an einer Sache 

§ 634a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 BGB 

3 Jahre 

Abnahme des Werkes 
Arglistiges Verschweigen eines Mangels 

§§ 634a Abs. 3 S. 1, 195, 199 

3 Jahre 

Jahresschluss 
Lohnforderung des Arbeitnehmers 

§ 195 BGB 

3 Jahre 

Jahresschluss 
Ansprüche aus Bewirtungsertrag 

§ 195 BGB 

3 Jahre 

Jahresschluss 
Handwerker – Ansprüche bei Leistungen für den Gewerbebetrieb des Schuldners 

§ 195 BGB 

3 Jahre 

Jahresschluss 
Ansprüche aus dem Vertragsverhältnis des Handelsvertreters 

§ 195 BGB 

3 Jahre 

Jahresschluss 
Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters 

§ 89b Abs. 4 S. 2 

1 Jahr (Ausschlussfrist) 

Vertragsende 
Mietrückstände 

§ 195 BGB 

3 Jahre 

Jahresschluss 
Aufwendungsersatz des Mieters 

§ 548 Abs. 2 BGB 

6 Monate 

Ende des Mietverhältnisses 
Schadensersatzansprüche des Vermieters 

§ 548 Abs. 1 S. 1, S. 2 BGB 

6 Monate 

Ende des Mietverhältnisses 
Pachtrückstände 

§ 195 BGB 

3 Jahre 

Jahresschluss 
Gebühren und Auslagen von Rechtsanwälten 

§ 195 BGB 

3 Jahre 

Jahresschluss 
Zinsrückstände 

§ 195 BGB 

3 Jahre 

Jahresschluss 
Kaufleute – Ansprüche bei Leistung für den Gewerbebetrieb des Schuldners 

§ 195 BGB 

3 Jahre 

Jahresschluss